Future Business KGaA-Artikel Dr. Sven Tintemann aus der Kanzlei Dr. Thomas Schulte

Nachdem die Future Business KGaA (kurz: Fubus) am 13.11.2013 Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht gestellt hat, fragen sich die Anleger, wer im Falle eines Verlustes haftet.

Zahlreiche Anleger haben in Orderschuldverschreibungen angelegt

Zahlreiche Anleger hatten ihr Geld bei der Fubus Gelder mit kurzer Laufzeit in sog. Orderschuldverschreibungen angelegt. Hierbei wurden sie oftmals mit guter Verzinsung und angeblich hoher Sicherheit gelockt. Den Rechtsanwälten der Kanzlei Dr. Schulte und Partner liegen Schulungsunterlagen vor, in denen selbst den Vermittlern der Gesellschaft suggeriert worden war, dass die kurzfristige Anlage von Geldern bei der Fubus ähnlich sicher wie Festgeld wäre.

Ist das Haftungsdach dicht?

Bei der sich nun stellenden Frage nach der Haftung für Schadensersatzansprüche, fällt immer wieder der Begriff des „Haftungsdaches“. Die Infinus AG Finanzdienstleistungsinstitut diente hierbei als ein solches Haftungsdach, bei welchem sich mehrere hundert Berater anbinden ließen. Doch wofür und wie haftet das Haftungsdach tatsächlich?

Ein Haftungsdach bietet einem vertraglich an das Unternehmen des Haftungsdachs gebundenen Finanzberater und –vermittler die Möglichkeit, Dienstleistungen zu erbringen und Produkte zu vermitteln, für die eine KWG – Erlaubnis notwendig wäre. Voraussetzung dafür ist, dass er seine Tätigkeit für das Haftungsdach ausführt. Er ist ein gebundener Vermittler, der durch das Haftungsdach kontrolliert wird (zu neudeutsch: Tied Agent).

Die gesetzliche Regelung des Haftungsdaches findet sich in § 2 Abs. 10 KWG (aufsichtsrechtlicher Natur). Dem Vermittler kommt quasi eine Ausnahme zugute, wenn er sich vertraglich an ein Unternehmen bindet, welches über eine Erlaubnis nach § 32 KWG verfügt. Voraussetzung ist jedoch, dass die Finanzdienstleistungen für Rechnung und unter Haftung des Haftungsdaches erbracht werden.

Nunmehr stellt sich die Frage, ob die Ankoppelung an ein Haftungsdach auch dazu führt, dass der Vermittler nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Dies vor allem, wenn der Anleger den Vermittler aufgrund einer Falschberatung in Anspruch nimmt. Hier bestehen noch Unklarheiten und höchstrichterliche Entscheidungen liegen noch nicht vor.

Es besteht insofern Einigkeit, dass die Tätigkeit des Vermittlers dem Haftungsdach zugerechnet wird. In den zwischen der Infinus und dem Berater abgeschlossenen Geschäftspartnervertrag ist ausdrücklich geregelt, dass der Berater ausschließlich im Namen der Infinus gegenüber dem Kunden aufzutreten hat. So könnte davon ausgegangen werden, dass der Anleger lediglich das Haftungsdach bzw. eine dahinter stehende Haftpflichtversicherung in Anspruch nehmen kann. Die Frage der Haftungsübernahme bzw. Haftungserweiterung ist jedoch höchst umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden. Dabei ist fraglich, ob die Anbindung an ein Haftungsdach zu einem Austausch der Anspruchsgegner führt oder ob hier eine Haftungserweiterung in der Form vorliegt, dass ein zusätzlicher Anspruchsgegner existiert. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht schreibt im BaFinJournal 09/08 zum Thema vertraglich gebundenen Vermittler folgendes: „Die Tätigkeit des Vermittlers wird dem haftenden Unternehmen zugerechnet. Der Vorteil für den Anleger: Im Falle eines Schadens, beispielsweise eines Beratungsfehlers, können sie nicht nur den Vermittler, sondern auch das haftende Unternehmen in Anspruch nehmen.“ Dies hätte zur Folge, dass der Vermittler neben dem Haftungsdach in Anspruch genommen werden kann. 

Die gegenteilige Auffassung wird in der juristischen Literatur ebenfalls vertreten. Hier heißt es u.a.: „Der Vermittler ist zwar vor direkten Ansprüchen der Geschädigten durch das Haftungsdach geschützt, nicht aber vor den Ansprüchen des Haftungsdaches selbst, wenn es aus durchaus verständlichen Gründen per Regressnahme die Kosten zu decken versucht. Der Vermittler droht, auf dem Schaden sitzen zu bleiben, denn selbst wenn er über eine VSH-Police für weitere Gewerbezulassungen verfügt, deckt diese die Schäden aus seiner FDLA-Tätigkeit gerade nicht ab.“

Es kommt also auf die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Haftungsdach und dem Vermittler an. In diesen Verträgen kann das Haftungsdach regeln, dass es sich bei dem Vermittler schadlos halten kann, wenn es aufgrund der vom Vermittler begangenen Pflichtverletzung in Anspruch genommen wird. Eine gefährliche Rückschlagshaftung droht.

Zudem wird es vielleicht bald eng unter dem Haftungsdach. Dieses kann nämlich nur dann haften, wenn genug Reserven für Haftungsfälle vorliegen. Nach einem Artikel in der Finanzwelt 04/2013 beträgt das Haftungskapital der Infinus AG lediglich 3,1 Millionen Euro. Auch dann, wenn eine zusätzliche Haftpflichtversicherung abgeschlossen wurde, liegt nicht in jedem Fall eine volle Entschädigung nahe. Dieses ist damit begründet, dass auch der Haftpflichtversicherer mit seinem Vertragspartner eine Haftungshöchstsumme pro Jahr vereinbaren kann. Zudem ist nach den Vertragen der Infinus AG mit ihren Vertragspartnern eine Haftpflichtversicherung möglich, aber nicht zwingend, da es sich  die Infinus AG nur vorbehalten hat, eine  geeignete Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abzuschließen.

Haftet die Entschädigungseinrichtung

Zudem wird diskutiert, ob die Anleger einen Anspruch gegen die Entschädigungseinrichtung für Wertpapieranleger haben könnten. Dieses ist jedoch aus Sicht der Rechtsanwälte Dr. Schulte und Partner nicht der Fall.

„Nach § 1 Abs. 2 EAEG (Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz) sind Einlagen aus Inhaber- und Orderschuldverschreibungen keine Einlagen im Sinne des EAEG und somit auch nicht von dessen Schutz erfasst“, erklärt Prof. Dr. Erik Olaf Kraatz nach Begutachtung der Angelegenheit für die Kanzlei Dr. Schulte und Partner.

Verwirrung war hier aufgetreten, da die Infinus AG selbst der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) angehört, die von ihr ausgegebenen Inhaber- und Orderschuldverschreibungen sowie Verbindlichkeiten aus eigenen Wechseln jedoch nicht von der EdW geschützt sind. Hierauf wies die Infinus AG in ihren eigenen Beratungsunterlagen auch mehrfach hin.

Prüfung der Ansprüche nötig

Die Anlegerschützer empfehlen den oftmals ratlosen Anlegern nun, ihre Ansprüche sorgfältig überprüfen zu lassen. Hierbei kommt es wahrscheinlich zunächst auf die Frage an, ob eine Falschberatung vorlag. Das kann aufgrund übertrieben positiver Darstellung der Anlagemöglichkeit, aufgrund von Prospektfehlern oder aufgrund einer Verharmlosung von Risiken der Fall sein. Zudem muss die Anlageform auch zum Anleger passen. Dies stellt der Bundesgerichtshof schon in seiner Bond-Rechtsprechung klar.

Daher sollte erst einmal der Weg zum Experten und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht selbstverständlich sein. Hier ist dann zu prüfen, ob die Haftpflichtversicherung des Haftungsdachs der Infinus AG, diese selbst oder auch der eingesetzte Berater / Vermittler haftet. Entsteht durch die Insolvenz der Fubus ein Schaden, müsste dieser dann dort geltend gemacht werden.

Insolvenz dauert regelmäßig lang

Da in Deutschland ein Insolvenzverfahren oftmals sehr lang dauert und eine Auszahlung manchmal Jahre auf sich warten lässt, wird den Anlegern geraten, ihre Ansprüche bereits jetzt prüfen und ggf. anmelden zu lassen. Die Kanzlei Dr. Schulte und Partner hat einen Fragebogen erstellt, mit welchem Anleger ihre rechtliche Situation prüfen lassen können.

Auch eine Anmeldung der Forderungen zzgl. entgangener Zinsen im Insolvenzverfahren ist über die Kanzlei Dr. Schulte und Partner möglich. Die Prüfung von Erfolgsaussichten wird von der eigenen Rechtsschutzversicherung meist übernommen, ebenso wie die Anmeldung von Forderungen zur Insolvenztabelle.

 

V.i.S.d.P.:

Dr. Sven Tintemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Die Kanzlei ist seit 1995 schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Kapitalanlagen- und Bankenrechts sowie auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes tätig und vertritt bundesweit die Interessen einzelner Anleger. Ergänzende Absenderangaben mit dem Kanzleistandort finden Sie im Impressum auf unserer Internetseite www.dr-schulte.de

12 Comments

  1. GMeier Donnerstag, 03.04.2014 at 07:51 - Reply

    hallo hard,
    …Du hast wieder mal recht. Aber, denkst Du nicht auch, das wenn Herr Kübler Jahresabschlüße anfechten aufheben möchte, er sich mit dem was er tut schon recht sicher sein muß ?
    Das eine Bewertung einer Police die beliehen wurde,
    eben nicht mehr zum ursprüglichen Betrag gebucht und bilanziert werden darf ?
    Ich denke das sind schon big Points die da im Raum stehen.

  2. hard58 Mittwoch, 02.04.2014 at 18:36 - Reply

    Hallo Bilanzfuzzi,

    wie hoch sind eigentlich die Zinsen für ein Betriebsmitteldarlehen?
    Bei den Sicherheiten hätte die FUBUS AG das sicherlich von den Banken bekommen. Natürlich hätte sie sich ausziehen und ihr Geschäftsmodell offen legen müssen. Ach ja, eine entsprechende Abhängigkeit wäre auch noch gewesen.
    Der Weg den FUBUS AG zur Kapitalbeschaffung gegangen ist, ist International absolut üblich, den deutschen Banken aber ein Dorn im Auge.

    Wie und ob die Geschäftsleitung betrogen hat und wie weit Steuerberater und WP mitgemacht haben, wird die Staatsanwaltschaft prüfen. Bisher sind wohl die letztgenannten nicht belastet.

  3. GMeier Mittwoch, 02.04.2014 at 11:26 - Reply

    ….wenn das Ganze korrekt zugeht hast Du recht. Wenn aber Betrug dabei ist, wirds schwieriger.
    Und wen das Ganze das schon einige Jahre in den Bilanzen ist, von Jahr zu Jahr „mitgeschleppt“ wird,…dann ist es wohl noch schwieriger das ganze zu erkennen bzw. zu verifizieren.
    Eine Rendite, bzw. eine Zinserzielung von + 6 % ist per se nichts unappetittliches.
    Es gibt da eine ganze Reihe von Firmen die schütten seit Jahren in dieser Größenordnung aus.
    Eine Fa. wie der AWD ist war Vermittler und ein schlechteres Beispiel…für ganz vieles.

  4. Bilanzfuzzi Mittwoch, 02.04.2014 at 09:50 - Reply

    @GMeier:
    Die Haftung der Vermittler ist damit noch nicht vom Tisch. Auch ein Vermittler kann – falls er sein Handwerk im Kapitalanlagebereich beherrscht – auf der Basis von Bilanzkennzahlen erkennen, ob das Geschäftsmodell trägt oder nicht. Denn wenn ein Laden wie die Infinus IKP über Jahre fünf bis sechs mal höhere Umsatzrenditen als z. B. ein AWD auswies, sollte man schon etwas stutzig werden. Welche Anforderungen an den Vermittler tatsächlich zu stellen sind ist eine andere Frage. Das wird wohl gerichtlich geklärt werden.
    Man sollte auch den Kapitalanlageberater nicht mit dem Steuerberater oder RA verwechseln. Der KA-Berater muss sich halt ein bisschen mehr mit dem Geschäftsmodell befassen und eben auch eine Bilanz lesen können. Kann er das nicht, sollte er die Finger von dem Thema lassen. Denn der Infinus-Skandal wird nicht der letzte sein in der Branche.

  5. Dori Dienstag, 01.04.2014 at 22:13 - Reply

    Hallo Mitdenkender

    Ich denke dass bei den beteiligten Versicherer auch noch etliches Kapital zu holen
    sein wird.Es wird sicherlich noch spannend werden.Die Spitze des Eisbergs ist noch lange nicht erreicht.

  6. Mitdenkender Dienstag, 01.04.2014 at 20:48 - Reply

    @denkmal

    Na wo ist ein Großteil des Geldes wohl geblieben ? Ganz einfach, damit wurden in den letzten Jahren die Zinsen für die Anleger ausgezahlt. So ist das nunmal mit Schneeball artigen Systemen. Da sind nicht die Ersten die Dummen, die schön Zinsen kassiert haben und ggfs. ihr Geld wieder zurückerhalten haben. Nein, die Dummen sind diejenigen die mit Ihrem Geld noch drin sind wenn das Konstrukt zusammenbricht. Eigentlich doch ganz einfach……

    • denkmal Mittwoch, 02.04.2014 at 12:09 - Reply

      @mitdenkender

      Richtig, und auch ganz einfach.

      Es betrifft also auch die Gelder der zu Unrecht erhaltenen Ausschüttungen an die Anleger, genau wie es um die von den Versicherern und ziwschen geschaltene Vertriebsstellen (z.B. protected, FL Vertriebs und Service Gmbh bei der FinanceLife oder Finrgo bei der Gothaer geht). Dort sind Mio. an Vertriebs- und Abschlusskosten entstanden und die gehören zu 100% zurückgefordert. Diese Unternehmen haben den Betrug wissentlich oder grob fahrlässig erst ermöglicht und sich an den Kundengeldern bereichert.

  7. Wald Dienstag, 01.04.2014 at 20:21 - Reply

    Eine Bemerkung muß noch erlaubt sein:

    Wo war eigentlich die Europäische Finanzaufsicht (seines Zeichen ESMA)

  8. denkmal Dienstag, 01.04.2014 at 16:16 - Reply

    Da Geld bekannter Weise nicht einfach in Luft auflöst, sondern nur in eine andere Tasche wandert, stellt sich nun mehr denn je die Frage wer die hunderte Mio. den hat.
    Diese müssen das zu Unrecht ( per Betrug) erhaltene Geld zurückerstatten. Wenn ich eine gestohlene Sache erwerbe, darf ich diese auch nicht behalten.

    Es gehört dem, der zuvor bestohlen worden ist.

    Bei diesen Mio. haben die Versicherer und die Vertriebe , wie z.B. UNIQA FinanceLife, Gothaer, Ergo, protected, richtig viel Geld – zu Unrecht verdient und können sich auch nicht mit dem Argument der Unwissenheit schützen, so dies überhaupt der Fall ist.

  9. Dori Dienstag, 01.04.2014 at 14:55 - Reply

    Hallo GMeier:

    Genau das was ein Dresdner Rechtsanwalt 2011 beim Anschauen der Unterlagen und Bilanzen schon erkennen konnte ist in Wahrheit eingedrehten.
    Unverständlich daß dem Anleger immer noch eine Sicherheit suggeriert wurde,
    zu einem Zeitpunkt wo schon eine Schieflage des Produktes Fubus/Infinus vorhanden war.
    Laut einem Bericht der Sächsischen Zeitung(online)ermittelt das Landeskriminalamt schon seit Februar 2012 gegen Infinus.Welch ein Hammer.

  10. GMeier Dienstag, 01.04.2014 at 12:45 - Reply

    @bilanzfuzzi

    Wenn Du Dir die Aussagen und Veröffentlichungen von Herrn Kübler nocheinmal genauer ansehen möchtest, dann ist da die Aussage hin zu „Bilanz-Fälschungen“ zu erkennen.
    Damit ergibt sich eine ganz andere Gewichtung mit möglicher Verantwortlichkeit.

  11. Bilanzfuzzi Dienstag, 19.11.2013 at 10:19 - Reply

    Sehr geehrter Herr Dr. Tintemann,
    endlich ein juristischer Beitrag, der bisher an fachlicher Kompetenz noch nicht überboten wurde. Die diversen Statements Ihrer Berufskollegen gehen oft an der Sache vorbei. Besonders negativ fällt ein Berufskollege von Ihnen auf, der zunächst behauptet hat, wer einem Haftungsdach angeschlossen sei, müsse sowieso nicht haften, da nur Erfüllungsgehilfe. Dass aber § 2 Abs. 10 KWG eben nur eine aufsichtsrechtliche Regelung ist und nicht automatisch eine zivilrechtliche Haftungsübernahme nach sich zieht, fällt dabei ganz unter den Tisch. Der Fall Infinus wird sicherlich noch bis zum BGH ausgetragen, was die Haftung der Vermittler angeht.
    Abgesehen davon dürfte, sobald die Hürde des Haftungsdachs genommen ist, die Frage im Vordergrund stehen, welche Anforderungen an den Vermittler hinsichtlich der Prüfung der Plausibilität des Konzeptes zu stellen sind. Das Argument, man sei zu dumm um Bilanzen oder Prospekte zu lesen oder habe es einfach nicht getan, dürfte dem Vermittler da kaum weiterhelfen.
    Mit besten Grüßen

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