Immer wieder geraten Anleger durch unseriöse Angebote oder fehlende Informationen in Schwierigkeiten. Wir sprechen mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev, die sich auf Kapitalmarktrecht spezialisiert hat, über die größten Fallstricke für Investoren und worauf sie unbedingt achten sollten.
Frau Bontschev, was sind die häufigsten Fehler, die Anleger machen?
Kerstin Bontschev: Der häufigste Fehler ist mangelnde Recherche. Viele Anleger verlassen sich auf vermeintlich seriöse Empfehlungen oder folgen blind Trends, ohne sich wirklich mit dem Unternehmen oder dem Finanzprodukt auseinanderzusetzen. Besonders im Online-Bereich gibt es viele Lockangebote, die hohe Renditen versprechen – meist ohne Risiko. Das sollte immer stutzig machen.
Gibt es bestimmte Warnsignale, auf die Anleger achten sollten?
Ja, unbedingt. Ich empfehle immer die „Drei-W-Regel“:
- Wer bietet die Anlage an? – Ist der Anbieter reguliert? Gibt es ein Impressum oder eine Registrierung bei der Finanzaufsicht?
- Was wird versprochen? – Hohe Gewinne ohne Risiko sind in der Finanzwelt nicht realistisch.
- Wie wird Druck ausgeübt? – Wenn es heißt, das Angebot sei „nur heute gültig“ oder „nur für exklusive Kunden“, sollte man vorsichtig sein.
Außerdem sind plötzliche Kontoeröffnungen bei ausländischen Banken oder unklare Vertragsbedingungen ein großes Warnsignal.
Viele Menschen investieren in Kryptowährungen. Gibt es hier besondere Risiken?
Ja, Kryptowährungen sind ein riesiges Thema, aber auch ein sehr spekulativer Markt. Das größte Problem ist, dass viele Plattformen unreguliert sind. Betrüger locken mit schnellen Gewinnen und sobald jemand einzahlt, ist das Geld oft nicht mehr abrufbar. Außerdem gibt es viele „Pump-and-Dump“-Systeme, bei denen ein Coin künstlich hochgetrieben und dann abgestoßen wird – zu Lasten unerfahrener Anleger.
Wer in Kryptowährungen investieren will, sollte nur regulierte Handelsplätze nutzen und nicht mehr investieren, als er bereit ist zu verlieren.
Was raten Sie jemandem, der bereits Opfer eines Anlagebetrugs geworden ist?
Wichtig ist, schnell zu handeln. Viele zögern, weil sie sich schämen, aber je früher ein Anwalt oder die Finanzaufsicht eingeschaltet wird, desto besser. Manchmal kann man Zahlungen noch stoppen oder das Geld zurückholen, gerade bei Überweisungen an zwielichtige Anbieter.
Ich empfehle außerdem, alle Unterlagen und Kommunikationen mit dem Anbieter zu sichern – E-Mails, Verträge, Zahlungsbelege. Diese Beweise sind wichtig, um rechtliche Schritte einzuleiten.
Haben Sie einen abschließenden Tipp für Anleger?
Ja: Nicht jeder vermeintlich „sichere“ Tipp ist wirklich sicher. Investoren sollten ihre Entscheidungen immer hinterfragen, unabhängige Expertenmeinungen einholen und nicht auf emotionale Versprechen hereinfallen. Vorsicht ist besser als Nachsicht – und oft auch günstiger.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Bontschev!
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